Interview: Marinebiologin Nina Rothe zum Meeresschutz Milaidhoo

Meeresbiologin Nina Rothe © Sebastian Tonts

Meeresbiologin Nina Rothe © Sebastian Tonts

In unmittelbarer Nähe des UNESCO Biosphären Reservats und der darin gelegenen Hanifaru Bay, ist das Milaidhoo eines der wenigen Resorts mit intaktem Hausriff. Damit das auch so bleibt kümmert sich die inseleigene Marinebiologin Nina Rothe um den Schutz der Korallen- und Tierwelt. Im Interview erzählt sie über das Korallensterben, die faszinierende Unterwasserwelt der Malediven und wie jeder helfen kann, diese zu erhalten. 

Nina, warum gibt es das Korallensterben in den Ozeanen überhaupt?
Die Hauptursachen des Korallensterbens in den Ozeanen sind Veränderungen im Ökosystem durch den Menschen. Verschmutzung, aktive Zerstörung und Klimawandel spielen dabei wohl die größten Rollen. Verschmutzung durch Abwasser und Chemikalien kann den Korallen sehr schaden. Aktive Zerstörung findet zum Beispiel beim Einsatz von schädlichen Fischfangtechniken oder durch unachtsames Verhalten von Tauchern und Schnorchlern statt. Der Klimawandel führt in manchen Bereichen der Ozeane zu erhöhten Temperaturen, was der primäre Grund für Korallenbleiche ist und ebenfalls zum Korallensterben beiträgt. Auch die Ozeanversauerung ist ein Problem, welche durch den CO2-Anstieg in der Atmosphäre ausgelöst wird und es dadurch kalzifizierenden Organismen wie Korallen erschwert ihr Kalk-Skelett und somit das Riff aufzubauen und zu erhalten.

Können Gäste etwas tun um dies einzudämmen?
Um nicht zur direkten Verschmutzung der Korallenriffe beizutragen, sollte man natürlich darauf achten, dass kein Müll oder sonstige Gegenstände im Meer landen. Außerdem sollten Gäste Sonnencreme benutzen, die nicht korallenschädlich ist (Chemikalien in vielen Sonnencremes können Korallen anfälliger für Krankheiten machen) und darauf achten, dass die Creme eingezogen ist, bevor man sich ins Wasser begibt (25-30 Minuten). Das Beste, was man als Urlauber tun kann, ist sich vor dem Schnorcheln über richtiges Verhalten im Bezug auf unsere Umwelt und die eigene Sicherheit zu informieren. Auf Milaidhoo können Gäste das direkt bei unserem Wassersportcenter ‚Ocean Stories‘, wo auch zweimal die Woche Präsentationen zu diesen Themen stattfinden.

Wie sehen die Programme zum Schutz der Korallen auf Milaidhoo genau aus? Wie können sich Gäste daran beteiligen?
Neben den Informationsveranstaltungen auf Milaidhoo, haben wir ein Korallenregenerationsprogramm etabliert, an dem unsere Gäste aktiv sowie als Sponsor teilnehmen können. Dabei werden abgebrochene (durch Wetter, Meeresbewohner), aber lebendige Stücke der Korallenkolonien an unserem Riff gesammelt und an Metallgestellen befestigt. Hier werden ihnen gute Umgebungsbedingungen geboten, um weiter zu wachsen und selbst wunderschöne Kolonien bilden zu können. Gäste dürfen hier beim Korallenpflanzen helfen oder auch ein eigenes Korallengerüst inklusive Namensschild sponsern und bekommen dann alle sechs Monate Fotos und neue Informationen zu ihrem eigenen kleinen Abschnitt des künstlich-angelegten Riffs. Diese Art von Vermehrung der Korallen soll zur Erhaltung und Regeneration des Riffs beitragen, da auch das ‚künstliche‘ Riff potentiell durch Korallenlaiche zur Bildung von neuen und gesunden Kolonien an unserem und umliegenden Riffen führen kann.

Was macht die Unterwasserwelt des Hausriffs von Milaidhoo so besonders? Welche Tiere kann man hier beobachten?
Die Rifftopografie des Hausriffs ist sehr interessant. Das Riffdach ist sehr flach und bei Ebbe sogar teils freigelegt. Das Riff umringt die Insel fast komplett und die Riffkante geht sowohl in sanftere Gefälle als auch steile Abhänge über. Fast überall an der Riffkante trifft man hunderte von Fischen in Schwärmen an und einige Bereiche unseres Riffs beherbergen eine Menge Jungfische verschiedenster Arten. Füsilier-Schwärme, Makrelen, Drückerfische und Schnapper sind nur einige Meeresbewohner, die man hier beobachten kann. Auch wunderschöne, bunte Schmetterlingsfische, Doktorfische und jede Menge Anemonenfische (Clownfische oder auch „Nemos“) sind häufige Besucher. Außerdem kann man hier Schildkröten, Adlerrochen, Stachelrochen, junge Zitronenhaie, Muränen und Einsiedlerkrebse antreffen. Hin und wieder kann man sogar Delfine an unserem Riff beobachten.
Es ist unmöglich alle hier aufzuzählen, da das Riff um Milaidhoo glücklicherweise eine üppige und wunderbare Meeresfauna beherbergt.

Was macht die Hanifaru Bay in der Nähe von Milaidhoo so einzigartig?
Die Hanifaru Bay ist während des Süd-West Monsuns (Mai bis November) eine berühmte Futterstelle für Mantarochen und Walhaie. Die einzigartige Form der Bucht bewirkt, dass sich viel Plankton ansammelt, welches eine hohe Anzahl von Mantarochen anlockt. Oft kann man 50-100 Tiere gleichzeitig in der Bucht beim Fressen beobachten.
Hanifaru Bay ist ein Meeresschutzgebiet, welches einem strengen Management-Plan unterliegt. Zum Beispiel ist die Anzahl der Boote und auch Besucher, die zur gleichen Zeit in der Bucht schnorcheln,begrenzt. Jeder Ausflug zur Bucht muss angemeldet und mit den Zuständigen abgesprochen werden. Außerdem muss jeder Schnorchel-Führer eine Prüfung ablegen, bevor er/sie berechtigt ist mit Besuchern in der Bucht zu schnorcheln sowie vor jedem Schnorchel-Ausflug eine spezielle Einweisung geben.

Wie sieht dein Alltag auf Milaidhoo aus?
Der Alltag hier auf Milaidhoo ist abwechslungsreich. Zu meinen Aufgaben zählen zum Beispiel Präsentationen zu verschiedensten Themen im Zusammenhang mit Meeresbiologie, Informationen über Korallenriffe und die Gefahren, die ihnen aktuell drohen, außerdem natürlich wie Gäste selbst zum Schutz der Riffe beitragen können und warum dies für uns alle so wichtig ist. Das Korallenregenerationsprogramm nimmt gerade jetzt am Anfang eine Menge Zeit in Anspruch. Die Fragmente müssen an den Gerüsten befestigt und auch weiterhin ‚gepflegt‘ werden. Vor allem am Anfang müssen Algen und Sand entfernt und auch mal ein Stück ausgetauscht werden, um den Korallen das Wachsen zu erleichtern. Auch werden regelmäßig Fotos gemacht, um das Wachstum für die Sponsoren und uns zu dokumentieren. In Kürze werden wir in Zusammenarbeit mit dem ‚Marine Research Center‘ der Malediven unser Riff regelmäßig auf seine Gesundheit untersuchen und auf Veränderungen überprüfen, um eventuelle Bedrohungen zu identifizieren und zu vermeiden. Diese Daten werden auch für die wissenschaftliche Arbeit verwendet, um einen Überblick über den allgemeinen Status und Veränderungen der Riffe auf den Malediven zu geben. Bei jedem Tauchgang oder Schnorchel-Ausflug sammeln wir auch immer Daten für verschiedene andere Projekte. Natürlich verbringt man auch viel Zeit im Wasser, um den Gästen die Unterwasserwelt näher zu bringen und zu erklären. Beim Schnorcheln kann man viele Tiere beobachten und es macht Spaß zusammen herauszufinden, wie diese miteinander leben und interagieren. Außerdem werden auch Schulungen organisiert, um alle Milaidhoo Mitarbeiter mit der Umwelt und Umweltproblemen, vertraut zu machen. Uns allen ist es wichtig, dass die natürliche Umgebung von Milaidhoo bewahrt wird und wir alle zum Schutz unserer Umwelt beitragen.

Milaidhoo bietet auch Nachttauchen / Schnorcheln an. Was können Gäste nachts sehen, was tagsüber verborgen bleibt?
Das Nachtschnorcheln oder Nachttauchen bietet die Möglichkeit viele spannende Bewohner des Riffs zu beobachten, die tagsüber versteckt bleiben. Hierzu gehören zum Beispiel Feuerfische, Tintenfische, Muränen, Seeigel, Hummer, Einsiedlerkrebse und Seesterne. Einige Fische die man tagsüber sieht, sind auch nachts zu sehen, dann allerdings schlafend. Auch wenn man an einem Teil des Riffs bereits tagsüber erkunden konnte, sieht es nachts völlig anders aus.

Kann man je nach Reisezeit unterschiedliche Tiere im Ozean sehen? Was ist zum Beispiel die beste Zeit um Mantarochen und Walhaie zu beobachten?
Für einige Tierarten gibt es tatsächlich Zeiten in denen es, je nach Ort, wahrscheinlicher ist unterschiedliche Tiere anzutreffen. Dazu zählen vor allem die Mantarochen und Walhaie. Hier im Baa Atoll beginnt die Manta-Saison (und demnach auch Walhai-Saison) im Mai und dauert bis November. In dieser Zeit ist das Wasser besonders planktonreich und deshalb kann man vor allem in der Hanifaru Bay dutzende Mantas beim Fressen beobachten.

Wie setzt sich Milaidhoo für den Schutz der Meere ein?
Sich für den Schutz der Meere einsetzen, bedeutet auch sich generell für die Umwelt einzusetzen, da viele Bereiche einander beeinflussen. Der Erhalt der Umwelt ist für uns auf Milaidhoo sehr wichtig. Wir sind Mitglieder im Green Globe Zertifizierungsprogramm, welches unter anderem strenge Richtlinien in Bezug auf Umwelteinflüsse und Umweltschutz festlegt. Wir haben eine hochmoderne Abwasserreinigungsanlange und können deshalb sichergehen, dass keine schädlichen Stoffe ins Meer geleitet werden. Auch bei der Auswahl unserer Reinigungs- und Waschmittel sind wir darauf bedacht nur umweltfreundliche Produkte zu verwenden. Milaidhoo ist Mitglied im Greenfins-Zertifizierungsprogramm, welches nachhaltige Tauch- und Schnorchel-Praktiken anstrebt. Jeder Tauchgang und jeder Schnorchel-Ausflug sollte so wenig negative Auswirkungen auf die Unterwasserwelt haben wie möglich. Jeder Gast lernt deshalb wichtige Regeln zum richtigen Verhalten im Wasser. Unser Korallenrehabilitationsprogramm ist natürlich auch ein sehr wichtiges Projekt und trägt zum Schutz der Korallenriffe und folglich zum Schutz der Meere allgemein bei.

Arbeitet Milaidhoo mit NGOs und Tierschutzinitiativen zusammen?
Ja, wir arbeiten mit verschiedenen Organisationen zum Tierschutz und Schutz der Meere zusammen. Zum Beispiel mit dem Olive Ridley Project, eine in Großbritannien eingetragene Organisation, die sich vor allem für den Schutz von Schildkröten, insbesondere der Olive Ridley Schildkröte, einsetzt. Sogenannte ‚ghost nets‘, verlorengegangene, kaputte oder falsch entsorgte Fischernetze, die im Meer umhertreiben, stellen eine große Gefahr für viele Meereslebewesen dar, da sie sich in ihnen verfangen können, was zu Verletzungen oder sogar zum Tod führen kann. Vor allem Meeresschildkröten sind hiervon extrem betroffen und die Organisation arbeitet an Lösungen. Wenn wir ein Netz im Meer finden, wird es natürlich sofort entfernt und darin verfangene Schildkröten und andere Meerestiere befreit oder wenn nötig zum ‚Turtle Rescue Center‘ der Organisation gebracht, wo sie von einer spezialisierten Tierärztin behandelt werden. Danach wird das Netz analysiert und die Daten zum Olive Ridley Project geschickt. Mit Hilfe dieser Daten ist es möglich herauszufinden, woher das Netz kommt, um somit Entsorgungspraktiken zu verbessern. Milaidhoo arbeitete außerdem eng mit dem Manta Trust zusammen, eine Organisation, die sich auf den Schutz der Mantarochen spezialisiert. Durch Fotos von der gefleckten Unterseite der Rochen können diese identifiziert werden und liefern somit Daten die genutzt werden, um mehr über Bevölkerungsdynamik, Lebenslauf und Populationsgröße herauszufinden. Wir tragen aktiv zu dieser Datenbank bei.

Weitere Infos zum Umweltschutz auf Milaidhoo unter www.milaidhoo.com/meet-the-milaidhoo-family/environment

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