Mit dem Postschiff durch Norwegens Fjorde
Eng drängen sich die kleinen, bunten Holzhäuschen am Hafenbecken von Svolvær aneinander. Die Hauptstadt der Lofoten hat sich auf die vorgelagerten Schären ausgedehnt, viele Häuser stehen auf Stelzen. Die Natur hat dem kleinen Ort am Meer nicht viel Platz gelassen.
Es dämmert schon früh an diesem sonnigen Nachmittag und Johannes Lørtveit öffnet schmunzelnd die Tür zu einem weißen, hölzernen Lagerhaus. Sofort strömt ein beißender Fischgeruch hinaus in die arktische Luft. „Herzlich Willkommen im Stockfischlager der Lofoten!“, begrüßt der pensionierte Lehrer mit dem weißen Seefahrerbart seine Gäste. „Hier liegt Ware im Wert von fünf Millionen Kronen“, erzählt er stolz und hält einen knochentrockenen, gelblich grauen Fisch in die Höhe. Norwegens kulinarische Spezialität stapelt sich kopfhoch auf Paletten, die offenen Mäuler der Fische ragen gefräßig heraus. Plötzlich unterbricht das laute Hupen eines Schiffshorns die Geschichten des Lofoter Urgesteins. Die MS Midnatsol drängt zum Aufbruch gen Norden, der Landgang ist beendet.
Von Trondheim Richtung Hammerfest
Das erste Hurtigruten-Schiff stach bereits 1893 von Trondheim Richtung Hammerfest in See, um die abgelegenen Orte im Norden Norwegens mit Post und anderen Waren zu versorgen. Seitdem verkehrt ein täglicher Liniendienst zwischen Bergen und Kirkenes immer entlang der zerklüfteten Fjordküste. Briefe und Pakete werden mittlerweile per Flugzeug transportiert, die Hurtigruten-Schiffe befördern heute aber Lebensmittel, Autos oder Möbel. In den kleinen Häfen laden Gabelstapler blitzschnell die Paletten ein und aus. Auch für die Reisenden bleibt hier Zeit für einen kurzen Landgang, in den größeren Städten liegen die elf Schiffe der Hurtigruten oftmals mehrere Stunden im Hafen.
An Bord legt Küchenchef Alexander Granlund Wert auf typisch skandinavische Spezialitäten. Der kahlköpfige Norweger stammt aus der Expeditionsstadt Tromsø und ist mit Stockfisch aufgewachsen. Für heute Mittag bereitet er Lutefisk zu, ein typisch norwegisches Weihnachtsgericht. Hierzu hat er den trockenen Stockfisch bereits mehrere Tage in Wasser und Natronlauge eingelegt und serviert den gebratenen Fisch klassisch mit Erbsenpüree, zerlassener Butter und braunem, karamellisierten Käse. Das Gericht ist für Nicht-Skandinavier gewöhnungsbedürftig. Aber mit einem guten Schluck Moltevin, einem Fruchtwein aus orangefarbenen, nordischen Moltebeeren, ist die Spezialität sehr gut zu genießen.
Überquerung des Polarkreises
Vor den großen Fenstern des Restaurants zieht die Fjordlandschaft vorbei. Bunte, einsam gelegene Holzhäuschen verteilen sich auf den winzigen Schäreninseln. Je weiter die MS Midnatsol gen Norden fährt, desto seltener werden die kleinen Orte, die vom Deck des Schiffs wie Spielzeugdörfer unter der Schneedecke leuchten. Mit der Überquerung des Polarkreises weit nördlich von Trondheim hat auch der Winter in die Landschaft Einzug gehalten. In den heißen Whirlpools draußen auf Deck 9 ist es kuschelig warm. Bunt bemützte Köpfe ragen aus dem sprudelnden Wasser, die internationalen Gäste genießen entspannt den Blick auf die zahlreichen Holzgestelle an der Lofotenküste. Auch aus der Panoramasauna sind die Wahrzeichen zu sehen, an denen im Frühjahr paarweise der Kabeljau trocknet.
„Der Stockfisch hängt etwa zwei Monate lang an der Luft, verliert gut 80 Prozent seines Wassergehaltes und kann somit gut gelagert werden“, weiß Knut Garshol, Fischer in fünfter Generation aus Kristiansund. Der gemütliche Norweger kennt alle Kabeljausorten und erklärt den Unterschied zum Klippfisk, für den es aus seiner Sicht keine korrekte, deutsche Übersetzung gibt.
Während der Stockfisch aufgehängt wird, trocknete der gesalzene Kabeljau bis ins Jahr 1975 ausgebreitet auf den Klippen der Küste. „Aus Hygienegründen wird Sonne und Wind mittlerweile in großen Hallen simuliert“, weiß er und hält stolz einen riesigen Klippfisk hoch. Den in südlichen Ländern besser als Bacalhau bekannten Fisch hat er aus seiner kleinen „Klippfiskbutikken“ in Kristiansund mitgebracht.
Kapitän Kjell Jonassen lässt das Horn der MS Midnatsol ertönen, das Postschiff nimmt Kurs auf die Eismeerstadt Tromsø. Und während Sous Chef Anders Göranson an Deck seine hausgemachten Fischfrikadellen brät, genießen die Gäste in dicke Winterjacken gehüllt die frische, arktische Luft und den Blick auf die unzähligen, bunten Holzhäuschen entlang der Fjorde.
Weitere Informationen
Hurtigruten GmbH
Burchardstraße 14
20095 Hamburg
Tel: +49 (0) 40 37 69 30
Internet: www.hurtigruten.de
Ausflugstipps
Stadtrundgang durch Trondheim zum beeindruckenden Nidaros-Dom und in das von bunten Holzhäuschen geprägte Viertel Bakklandet. Vom Hurtigruten Anleger sind es nur gut 15 Minuten zu den Sehenswürdigkeiten.
Nähere Informationen in englischer Sprache: http://www.trondheim.com/engelsk
Fischerbootstour zum Saltstraumen: Elisabeth Johnston bietet Bootstouren zum stärksten Gezeitenstrom der Welt an. Start der Exkursion in Bodø. Näheres unter www.tuvsjyen.com.
Stadtrundgang durch die Stadt des Jungendstils: Zahlreiche Jugendstilhäuser prägen das Stadtbild der norwegischen Stadt. Vom Hurtigruten-Anleger sind es nur 10 Minuten ins Zentrum.
Stockfisch Shopping-Tipps
Echten Klipfisk und andere norwegische Spezialitäten bietet Knut Garshol in Kristiansund, nur wenige hundert Meter vom Anlegeplatz der Postschiffe.
Klippfiskbutikken
Postboks 748
6501 Kristiansund
Tel.: 47 952 02 630
Praktischer Reiseführer für die Hurtigruten
Eine tagesgenaue Beschreibung der Route der Postschiffe mit Ausflugstipps, Stadtplänen und großer Reisekarte bietet das Reise-Taschenbuch Hurtigruten von Dumont.
DUMONT Reise-Taschenbuch Hurtigruten
Dumont Reiseverlag Ostfildern
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